Erster Schultag

Der Wecker klingelt um 6:30 Uhr. Ich öffne den Kühlschrank, in dem sich neben Joghurt, Käse und Milch auch eine Packung Mehl, Zucker und Müsli befinden. Der Ire, nennen wir ihn Bobby, hat mir diesen Trick gezeigt, um meine gesamten Vorräte Rattensicher zu machen.

Am Vortag hatten wir ein Seminar, dass uns auf die Arbeit in der Schule vorbereiten sollte. Leider war es komplett auf Französisch, was zumindest für mich den Informationsgehalt ziemlich eingeschränkt hat. Allerdings hat sich an diesem Tag herausgestellt, dass a) alle anderen mindestens ein Studium abgeschlossen haben und b) ich an sechs verschiedenen Schulen arbeiten werde, was einen bei fünf Schultagen pro Woche vor allem vor ein logistisches Problem stellt. 

Die Lehrerin, die die erste Stunde unterrichtet entschuldigt sich. Sie wird später kommen, Stau. Ob es sich dabei auch um einen der Unfälle handelt, die mit Alkohol am Steuer zusammenhängen? Selena meint, diese Insel sei der einzige Punkt der Europäischen Union, an dem es keine Verkehrskontrollen gibt. Oder, wie es Selena nennen würde: Himmel.

Irgendwann kommt die Lehrerin dann aber doch an und ich verbringe die nächsten Stunden damit, der Aufforderung nachzukommen, Fotos mit Schülerinnen zu machen, die dabei unablässig kichern und mir die immer gleichen Fragen anzuhören und dabei aufmunternd zu lächeln. Ich bin kurz davor, während des Redens einzuschlafen, als endlich die Glocke zur Mittagspause läutet.

Am Nachmittag fahre ich einkaufen mit Selena. Es ist schwierig, die anderen Mitbewohner davon zu überzeugen, dass so etwas wie Milchreis eine Mahlzeit sein kann und nicht bloß Dessert, deswegen wird ihnen heute Abend der Beweis erbracht. Der einzige ernstzunehmende Supermarkt der gesamten 30000-Einwohner-Stadt hat ungefähr die doppelte Dimension eines Kauflands und tatsächlich ist es hier möglich – Selena hat es entdeckt – IN EINEM FRANZÖSISCHEN CARREFOUR Fleischersatzprodukte zu kaufen. Die Auswahl beschränkt sich zwar auf vier verschiedene Sorten Soja-Wurst von denen drei weit jenseits der 5-Euro-Marke pro Packung liegen, aber immerhin.

Beim Abendessen wird über einen Namen für die streunende Katze diskutiert, die jetzt Teilzeit in die WG eingezogen ist. Maria ist für Sucre, weil sie auf den ersten Blick so süß wirkt, Bobby für Rambo, was wohl zu ihrem Verhalten viel besser passt und hoffentlich auch die Ratten zu spüren bekommen werden.

Nach so einem Tag ist es unvermeidlich, der WG den Brauch des Feierabendbiers, des Wegbiers und des Konterbiers näherzubringen, was dankend angenommen wird.