Neue Lebenslagen

Marco Polo, Christoph Columbus, Alexander von Humboldt. Diese Liste muss heute um einen weiteren Namen ergänzt werden, wenn ich den Flieger nach Paris Orly betrete und von dort aus auf die ferne Vulkaninsel im Indischen Ozean reisen werde.

Aber erstmal den Koffer aufgeben. Auf der meterlangen Liste, die vor der Dame am Schalter liegt, ist man nur ein Name von vielen, eine Zeile in der endlosen Reihe derjeniger, die es genauso wie man selbst gewagt haben, dem anbrechenden Herbst zu entfliehen und dabei die Rechnung ohne den BER gemacht haben. Hackerangriff, jedes Gepäckstück muss von Hand beschriftet und codiert werden, bevor es seine Reise zum (hoffentlich richtigen) Zielflughafen antritt. Hinten in der Schlange fallen die ersten murrenden Kommentare. Wie gut, dass ich kein französisch spreche und nicht weiß, ob sie sich auf mich beziehen, den Flughafen oder die Situation im Allgemeinen. (Das wird wahrscheinlich das letzte Mal sein, dass ich meine Unkenntnis der französischen Sprache noch irgendwie als Vorteil auslegen kann.)


Jetzt erstmal zu Starbucks – und die zuvor auf TooGoodToGo bestellte Überraschungstüte abholen (man ist ja schließlich kein Anfänger) und danach durch die Sicherheitskontrolle zum langersehnten Duty-Free-Bereich. Der Hobbyfranzose weiß schließlich, dass echte Authentizität über den Geruch vermittelt wird. Nach zehn großzügigen Sprühstößen aus dem Bleu-de-Chanel-Tester bin ich also schon einen entscheidenen Schritt weiter in der Transformation zu der Person, die mein zukünftiger Arbeitgeber von mir erwarten wird zu sein.

Mit sechs original Starbucks-Pain-au-Chocolat bewaffnet sitze ich nun also endlich am Gate, beobachte den verblühenden Sommer im goldenen Licht jenseits der Glaßfassade, erwartungsvoll und gespannt, was die Franzosen von mir wohl noch alles lernen können werden.